Nachdenkliches Teil 5

Der alte Großvater und sein kleiner Enkel

Es war einmal ein Großvater, der schon sehr, sehr alt war. 
Seine Beine gehorchten ihm nicht mehr, die Augen sahen schlecht, 
die Ohren hörten nicht mehr viel und Zähne hatte er auch keine mehr. 
Wenn er aß, floss dem alten Mann die Suppe aus dem Mund. 
Der Sohn und die Schwiegertochter ließen ihn deshalb nicht mehr am Tisch essen, 
sondern brachten ihm sein Essen hinter den Ofen, wo er in seiner Ecke saß. 
Eines Tages, als man ihm die Suppe in einer Schale hingetragen hatte, ließ er die Schale fallen und sie zerbrach. 
Die Schwiegertochter machte dem Greis Vorwürfe, dass er ihnen im Haus alles beschädige 
und das Geschirr zerschlage, und sagte, dass sie ihm von jetzt an das Essen in einem Holzschüsselchen geben werde. 
Der Greis seufzte nur und sagte nichts. 
Als der Mann und die Frau einige Tage später zu Hause beisammensaßen, sahen sie, dass ihr Söhnchen auf dem Fußboden mit kleinen Brettern spielte und etwas zimmerte. 
Der Vater fragte ihn: 
"Was soll das denn werden, Mischa?" 
Und Mischa antwortete: 
"Das soll ein Holzschüsselchen werden, Väterchen. Daraus werde ich dir und der Mutter zu essen geben, wenn Ihr alt geworden seid." 
Der Mann und die Frau sahen sich an und weinten. 
Ihnen wurde plötzlich bewusst, wie sehr sie den Greis gekränkt hatten und sie schämten sich. 
Fortan ließen sie ihn wieder am Tisch sitzen und waren freundlich zu ihm.



Der angekettete Elefant

 

»Ich kann nicht«, sagte ich. »Ich kann es einfach nicht.« 

 

»Bist du sicher?« fragte er mich. 

 

»Ja, nichts täte ich lieber, als mich vor sie hinzustellen und ihr zu sagen, was ich fühle … Aber ich weiß, daß ich es nicht kann.« 

 

Der Dicke setzte sich im Schneidersitz in einen dieser fürchterlichen blauen Polstersessel in seinem Sprechzimmer. Er lächelte, sah mir in die Augen, senkte die Stimme wie immer, wenn er wollte, daß man ihm aufmerksam zuhörte, und sagte: 

 

»Komm, ich erzähl dir eine Geschichte.« 

 

Und ohne ein Zeichen meiner Zustimmung 
abzuwarten, begann er zu erzählen. 

 

ALS ICH EIN kleiner Junge war, war ich vollkommen vom Zirkus fasziniert, und am meisten gefielen mir die Tiere. Vor allem der Elefant hatte es mir angetan. Wie ich später erfuhr, ist er das Lieblingstier vieler Kinder. Während der Zirkusvorstellung stellte das riesige Tier sein ungeheures Gewicht, seine eindrucksvolle Größe und seine Kraft zur Schau. Nach der Vorstellung aber und auch in der Zeit bis kurz vor seinem Auftritt blieb der Elefant immer am Fuß an einen kleinen Pflock angekettet. Der Pflock war allerdings nichts weiter als ein winziges Stück Holz, das kaum ein paar Zentimeter tief in der Erde steckte. Und obwohl die Kette mächtig und schwer war, stand für mich ganz außer Zweifel, daß ein Tier, das die Kraft hatte, einen Baum mitsamt der Wurzel auszu
reißen, sich mit Leichtigkeit von einem solchen Pflock befreien und fliehen konnte. 

 

Dieses Rätsel beschäftigt mich bis heute. 

 

Was hält ihn zurück? 

 

Warum macht er sich nicht auf und davon? 

 

Als Sechs- oder Siebenjähriger vertraute ich noch auf die Weisheit der Erwachsenen. Also fragte ich einen Lehrer, einen Vater oder Onkel nach dem Rätsel des Elefanten. Einer von ihnen erklärte mir, der Elefant mache sich nicht aus dem Staub, weil er dressiert sei. 

 

Meine nächste Frage lag auf der Hand: »Und we
nn er dressiert ist, warum muß er dann noch angekettet werden?« 

 

Ich erinnere mich nicht, je eine schlüssige Antwort darauf bekommen zu haben. Mit der Zeit vergaß ich das Rätsel um den angeketteten Elefanten und erinnerte mich nur dann wieder daran, wenn ich auf andere Menschen traf, die sich dieselbe Frage irgendwann auch schon einmal gestellt hatten. 

 

Vor einigen Jahren fand ich heraus, daß zu meinem Glück doch schon jemand weise genug gewesen war, die Antwort auf die Frage zu finden: 

 

Der Zirkuselefant flieht nicht, weil er schon seit frühester Kindheit an einen solchen Pflock gekettet 
ist. 

 

Ich schloß die Augen und stellte mir den wehrlosen neugeborenen Elefanten am Pflock vor. Ich war mir sicher, daß er in diesem Moment schubst, zieht und schwitzt und sich zu befreien versucht. Und trotz aller Anstrengung gelingt es ihm nicht, weil dieser Pflock zu fest in der Erde steckt. 

 

Ich stellte mir vor, daß er erschöpft einschläft und es am nächsten Tag gleich wieder probiert, und am nächsten Tag wieder, und am nächsten … Bis eines Tages, eines für seine Zukunft verhängnisvollen Tages, das Tier seine Ohnmacht akzeptiert und sich in sein Schicksal 
fügt. 

 

Dieser riesige, mächtige Elefant, den wir aus dem Zirkus kennen, flieht nicht, weil der Ärmste glaubt, daß er es nicht kann. 

 

Allzu tief hat sich die Erinnerung daran, wie ohnmächtig er sich kurz nach seiner Geburt gefühlt hat, in sein Gedächtnis eingebrannt. 

 

Und das Schlimme dabei ist, daß er diese Erinnerung nie wieder ernsthaft hinterfragt hat. 

 

Nie wieder hat er versucht, seine Kraft auf die Probe zu stellen. 

 

»So ist es, Demian. Uns allen geht es ein bißchen so wie diesem Zirkuselefanten: Wir bewegen uns in der Welt, als wären wir an Hunderte von Pflöcken gekettet. 

 

Wir glauben, einen ganzen Haufen Dinge nicht zu können, bloß weil wir sie ein einziges Mal, vor sehr langer Zeit, damals, als wir noch klein waren, ausprobiert haben und gescheitert sind. 

 

Wir haben uns genauso verhalten wie der Elefant, und auch in unser Gedächtnis hat sich die Botschaft eingebrannt: Ich kann das nicht, 

 

und ich werde es niemals können. 

 

Mit dieser Botschaft, der Botschaft, daß wir machtlos sind, sind wir groß geworden, und seitdem haben wir niemals mehr versucht, uns von unserem Pflock loszureißen. 

 

Manchmal, wenn wir die Fußfesseln wieder spüren und mit den Ketten klirren, gerät uns der Pflock in den Blick, und wir denken: Ich kann nicht, und werde es niemals können.« 

 

Jorge machte eine lange Pause. Dann rückte er ein Stück heran, setzte sich mir gegenüber auf den Boden und sprach weiter: 

 

»Genau dasselbe hast auch du erlebt, Demian. Dein Leben ist von der Erinnerung an einen Demian geprägt, den es gar nicht mehr gibt und der nicht konnte. 

 

Der einzige Weg herauszufinden, ob du etwas kannst oder nicht, ist, es auszuprobieren, und zwar mit vollem Einsatz. Aus ganzem Herzen!«




Die Liebe ist zu Ende ...

wenn Tränen in den Augen nur vom Gähnen kommen, 
und Wärme nur noch von der Heizung, 
wenn Verschweigen der Wahrheit nicht mehr als Lüge gilt 
und Gewohnheit schon als Liebe. 
Die Liebe ist zu Ende 
wenn Worte fallen 
wie Soldaten in einem längst verlorenen Krieg. 
Wenn die Worte so abgenutzt sind, 
das von Gemeinsamkeiten nur noch gemein übrig bleibt. 
Von Treue nur Reue 
und von Geborgenheit nur borgen bleibt. 
Die Liebe ist zu Ende, 
wenn wir uns gehen lassen, ohne Nachsicht, 
wenn wir uns gehen lassen, ohne Sehnsucht, 
wenn von der Sucht nach dem anderen nur die Eifersucht bleibt, 
und von feuriger Liebe nur Verbrennungen. 
Die Liebe ist zu Ende, 
wenn Leidenschaft eine Postkartenerinnerung ist, 
und aus dem Kribbeln im Bauch ein Magengeschwür wird. 
Wenn Versprechen gebrochen werden, 
und wir an den Scherben verbluten.
Michael Eichhammer



Du bist einsam...

Du bist einsam 
Und meinst, daß niemand dich versteht 
und es keinen Sinn hat zu sprechen, 
weil dein Schicksal einmalig ist. 
Das ist es auch. 
Ein Leben wie deines hat keiner zu leben. 
Niemand fühlt deine Schmerzen so wie du. 
Und wenn du kämpfst, 
dann so, wir nur du es tust. 
Niemand wartet wie du. 
Und keiner trägt so 
die Sehnsucht in sich wie du. 
Und doch bist du damit nicht allein, 
weil deine Angst verwandt ist 
mit der Angst vieler: 

Und deine Sehnsucht mündet 
in die Sehnsucht von Millionen. 
Deine Schmerzen 
sind ein Teil der Schmerzen, 
die wie ein manchmal stiller 
und manchmal lauter Schrei 
die Welt umkreisen. 
(Ulrich Schaffer)



Ich bin Ich

Auf der ganzen Welt gibt es niemanden wie mich. 
Es gibt Menschen, die mir in vielem gleichen, 
aber niemand gleicht mir aufs Haar. 
Deshalb ist alles was von mir kommt, 
mein Eigenes, 
und weil ich mich dazu entschlossen habe. 
Alles, was mit mir zu tun hat, gehört zu mir. 
Mein Körper, mit allem was er tut, 
mein Kopf, mit allen Gedanken und Ideen, 
meine Augen, mit allen Bildern, die sie erblicken, 
meine Gefühle, gleich welcher Art - 
Ärger, Freude, Frustration, Liebe, Enttäuschung, Begeisterung. 
Mein Mund und alle Worte, die aus ihm kommen, 
höflich, lieb und schroff, richtig oder falsch. 
Meine Stimme, laut oder leise, 
und alles, was ich mir selbst oder anderen tue. 
Mir gehören meine Phantasien, 
meine Träume, meine Hoffnungen, meine Befürchtungen, 
mir gehören all meine Siege und Erfolge 
und all meine Niederlagen und Fehler. 
Weil ich mir ganz gehöre, 
kann ich mich näher mit mir vertraut machen 
Dadurch kann ich mich lieben 
und alles, was zu mir gehört, freundlich betrachten. 
Damit ist es mir möglich, mich voll zu entfalten. 
Ich weiß dass es einiges an mir gibt, das mich verwirrt und manches, 
das ich noch gar nicht kenne. 
Aber solange ich freundlich und liebevoll mit mir umgehe, 
kann ich mutig und hoffnungsvoll 
nach Lösungen für Unklarheiten schauen 
und Wege suchen, 
mehr über mich selbst zu erfahren. 
Wie auch immer ich aussehe und mich anhöre, 
was ich sage und tue, was ich denke und fühle, 
immer bin ich es. 
Es hat seine Berechtigung, 
weil es ein Ausdruck dessen ist, 
wie es mir im Moment gerade geht 
Wenn ich später zurückschaue, 
wie ich ausgesehen und mich angehört habe, 
was ich gesagt und getan habe, 
wie ich gedacht und gefühlt habe, 
kann es sein, 
daß sich einiges davon als unpassend herausstellt. 
Ich kann das, was unpassend ist, ablegen 
und das, was sich als passend erwiesen hat, beibehalten 
und etwas neues erfinden für das, was ich abgelegt habe. 
Ich kann sehen, hören, fühlen, denken, sprechen und handeln. 
Ich besitze die Werkzeuge, die ich zum Überleben brauche, 
mit denen ich Nähe zu anderen herstellen 
und mich schöpferich ausdrücken kann, und die mir helfen, 
einen Sinn und eine Ordnung 
in der Welt der Menschen und der Dinge 
um mich herum zu finden. 
Ich gehöre mir 
und deshalb kann ich aus mir etwas machen. 
Ich bin ich 
und so wie ich bin bin ich ganz in Ordnung. 
(Virgina Satin)




Das goldene Verpackungspapier

Man sagt, dass jeder seine Wahl treffen muss. Ich habe gewählt. Jetzt kannst du wählen. Ich möchte dir eine kleine Geschichte erzählen. Vor einiger Zeit hat ein Mann seine 5 Jahre alte Tochter für das Vergeuden einer Rolle von kostspieligen Goldverpackungspapier bestraft. 
Geld war knapp und er wurde wütend, als das Kind das ganze Goldpapier verbraucht hat, um eine Schachtel zu verzieren, um sie unter den Weihnachtsbaum zu legen. 
Dennoch brachte das kleine Mädchen am folgenden Morgen die Geschenksschachtel ihrem Vater und sagte, Das ist für dich, Papa. Der Vater war verlegen weil er am Vortag so überreagiert hatte. Er öffnete die Geschenksschachtel und wurde wieder sehr zornig, als er sah, dass diese leer war. 
Wütend sagte er zu ihr: Weißt du nicht, junge Dame, dass wenn man jemand ein Geschenk gibt, auch etwas in der Verpackung sein soll? 
Das kleine Mädchen betrachtete ihn mit Tränen in den Augen und sagte: Papa, sie ist nicht leer, ich hab so viele Bussis hineingegeben, bis sie ganz voll war. Der Vater war ganz zerknirscht. Er fiel auf seine Knie und legte seine Arme um sein kleines Mädchen, und bat sie, ihm seinen unnötigen Zorn zu verzeihen. 
Nur kurze Zeit später starb das kleine Mädchen bei einem Unfall. Nach dem Tod seines kleinen Mädchens behielt der Vater seinen ganzes Leben lang die Goldschachtel neben seinem Bett. Immer wenn er durch schwierige Probleme entmutigt wurde, öffnete er seien Goldschachtel und stellte sich vor einen Kuss von seinem kleinen Mädchen herausnehmen und erinnerte sich dabei an die Liebe des Kindes, die sie dort hineingegeben hatte. 
Jeder von uns, hat so eine goldene Schachtel, die gefüllt ist mit unbedingter Liebe und Küssen von unseren Kindern, von Familie und von Freunden. Das ist der kostbarste Besitz, den man haben kann.

 



Der Dieb

Es gab einmal einen großen buddhistischen Meister namens Nagarjuna. Ein Dieb kam zu ihm. Der Dieb fühlte sich zu diesem Meister hingezogen, weil er nie einen schöneren Menschen gesehen hatte, nie solch grenzenlose Anmut. Er fragte Nagarjuna: "Gibt es auch für mich irgendeine Möglichkeit, so aufzublühen wie du? Eines muss ich dir allerdings gleich klar sagen: Ich bin ein Dieb. Und noch eins: Ich kann es nicht lassen. Das darf also nicht zur Bedingung gemacht werden. Ich will tun, was immer du sagst, aber ich kann nicht aufhören, ein Dieb zu sein. Ich habe es schon zu oft versucht - es geht einfach nicht. Und so habe ich mir das aus dem Kopf geschlagen. Ich füge mich in mein Schicksal, dass ich ein Dieb bin und bleibe. Also brauchst du mir darüber nichts zu sagen. Das muss von vornherein klar sein." 
Nagarjuna fragte: "Wovor hast du Angst? Wer redet denn davon, dass du ein Dieb bist" Der Dieb sagte: "Jedes Mal, wenn ich zu einem Mönch, Priester oder Heiligem gehe, sagen sie immer: Hör' erst mit dem Stehlen auf! Nagarjuna lachte und sagte: "Dann müssen es selbst Diebe gewesen sein, warum sonst sollte sie das kümmern? Mich kümmert das nicht!" 
Der Dieb war sehr froh. Er sagte: "Dann ist es in Ordnung. Es scheint, ich bin jetzt dein Schüler. Du bist der genau der richtige Meister für mich!" Nagarjuna nahm ihn auf und sagte: "Jetzt kannst du gehen und tun, was du willst. Als mein Schüler musst du nur eine einzige Bedingung erfüllen: SEI BEWUSST! Geh' und brich in Häuser ein, hol' dir heraus, was du willst, stiehl nach Herzenslust, tu was dir Spaß macht, mich kümmert es nicht, ich bin kein Dieb - aber tue es mit vollem Bewusstsein!" 
Der Dieb sah nicht, wie er in die Falle ging. Er sagte: "Dann ist ja alles in Ordnung. Ich will's versuchen." Nach drei Wochen kam er wieder und sagte: "Du bist sehr schlau, denn wenn ich bewusst stehle, kann ich nicht stehlen. Wenn ich stehle, verschwindet das Bewusstsein. Ich bin in der Klemme!" 
Nagarjuna sagte: "Kein Wort mehr von deiner Dieberei und deinem Stehlen. Es geht mich nichts an - ich bin kein Dieb. Entscheide dich jetzt! Wenn du nicht länger Bewusstheit willst, dann entscheide dich jetzt!" 
Der Dieb sagte: "Das ist unmöglich! Ich habe davon gekostet, und es ist so schön, bewusst zu sein. Ich will ja gern alles aufgeben!" Dann erzählte er: "Erst neulich nachts ist es mir zum ersten Mal gelungen, in den Palast des Königs einzudringen. Ich habe die Schatzkammer geöffnet. Ich hätte der reichste Mann der Welt werden können - aber du warst mir auf den Fersen und ich musste bewusst werden. Als ich bewusst wurde, war plötzlich kein Grund mehr da, kein Verlangen. Als ich bewusst wurde, sahen die Smaragde, Türkise, Opale, Rubine und Diamanten einfach wie Steine aus, ganz gewöhnliche Steine. Sobald ich diese Bewusstheit verlor, war der Schatz wieder da. Ich wartete und wiederholte das viele Male. Wenn ich bewusst wurde, war ich ein Heiliger. Ich konnte nicht einmal die Hand danach ausstrecken, denn die Sache sah einfach kindisch aus - einfach dumm - nichts als Steine! Was tue ich nur: Mein Bewusstsein um dieser Steine willen verlieren? Im nächsten Augenblick verlor ich dieses Bewusstsein wieder und die Steine wurden wieder schön und kostbar - die ganze Illusion war wieder da! Das wäre wohl noch so lange weitergegangen, bis mich die Palastwachen gefunden hätten. Also raffte ich mich auf und entschied, dass ich meine Bewusstheit nicht gegen ein paar Steine eintauschen wollte!" 
Nagarjuna lachte: "Wenn du einmal von der Bewusstheit gekostet hast, lohnt sich nichts anderes mehr! Du kennst jetzt die höchste Glückseligkeit des Lebens. Dann fallen plötzlich viele Dinge von dir ab. Du siehst Ihre Dummheit und Torheit. Der Anreiz fällt weg, das Verlangen verschwindet, die Träume zerfallen! Bewusstheit ist alles, was es zu lernen gibt!"




Der letzte Tag

Dies ist die wahre Geschichte eines chinesischen Geschäftsmannes, der mit sich selbst, seinen Beziehungen und mit seinem Geschäft mehr als unzufrieden war. Seine Frau wollte sich von ihm trennen, sein Geschäft war verschuldet, und er war müde seiner Kraft- und Mutlosigkeit. Als er eines Abends Bilanz über sein Leben zog, beschloss er, sich am übernächsten Tag umzubringen. Nach diesem Entschluss sah er dem nächsten und letzten Tag in seinem Leben gelassen entgegen. 
Sein letzter Tag brach an. Froh über das nahe Ende seines Leidens, genoss er an diesem Tage in Ruhe sein Frühstück und fand sogar liebe und lobende Worte für seine Frau. Heiter verabschiedete er sich und machte noch einen Umweg zu seinen alten Freunden, für die er schon Jahre keine Zeit mehr hatte. Zu jedem sprach er gütige, wohlwollende Worte, hatte Zeit und ein Ohr für ihre Probleme, auch ein stilles, ruhiges Lächeln für jeden. Er genoss die Morgensonne auf dem Weg ins Geschäft. Dort nahm er sich seiner Kunden ganz besonders herzlich und fair beratend an. Frei jeglicher Verkaufserwartung präsentierte er seine Produkte mit großer Rücksicht auf den wirklichen Bedarf der Kunden. 
Als er am Abend Kasse machte, stellte er fest, dass an diesem Tag ein riesiger Gewinn gemacht worden war. Zu Hause empfing ihn seine Frau wie in den Anfangszeiten seiner Ehe und servierte ihm sein Lieblingsmahl mit größter Aufmerksamkeit. In der kommenden Nacht erkannte er, dass es eigentlich keinen Grund mehr für seinen geplanten Selbstmord gab. 
Der Grund dafür war: Er hatte seine Einstellung zum Leben geändert; und das Leben hatte es ihm gedankt. So beschloss er, von nun an jeden Tag als seinen "letzten Tag" auf Erden zu leben.



DIE WELT GEHT UNTER

Vor vielen Jahrtausenden war der spätere Buddha in einem seiner früheren Leben als Löwe wiedergeboren worden. Er wohnte in einem Walde an der Küste des Weltmeeres. Einige Meilen landeinwärts wiegte sich ein Palmenwald im Seewind. Dort wohnte unter einer Dattelpalme ein kleiner Hase. Der machte sich viele Sorgen. Eines Tages hatte er Klee gegessen und war zu seiner Dattelpalme zurückgekehrt, um unter ihr sein Mittagsschläfchen zu halten. Aber als er so da lag, kam er wie so oft ins Grübeln und malte sich allerlei Gefahren und Ängste aus. Schließlich kam er nicht mehr von dem Gedanken los: »Was soll ich nur machen, wenn die Welt untergeht?« 
Gerade als er das dachte, fiel eine Dattel mit einem Plumps ins Gras. Für den kleinen Hasen aber, der sich gerade in Gedanken einen Weltuntergang ausmalte, klang dieser Plumps wie Donnergrollen. Wie vom Blitz getroffen, fuhr er hoch und rannte in panischer Angst dem Meere zu. Sein Nachbarhase sah ihn und wunderte sich: »Was rennst du so?« Der kleine Hase raste weiter und rief: »Frag nicht, lauf.« Der Nachbar hoppelte hinterher und wollte wissen: »Warum denn?« - Da drehte sich der kleine Hase kurz um und sprach: »Hier geht die Welt unter.« Da rannte ihm der Nachbarhase nach. 
Der dritte Hase, aufmerksam geworden, rannte hinterher: »Hier geht die Welt unter!« Die Tiere des Palmenwaldes und der Grashügel und der Ebene schlössen sich an, als sie da immer mehr Tiere in panischer Angst rennen sahen. So rasten bald Tausende von Tieren: Gazellen, Wildschweine, Hirsche, Büffel, Nashörner, Tiger, Elefanten donnernd über die Ebene: »Hier geht die Welt unter; hier geht die Welt unter!« Der Löwe im Küstenwald hörte von fern das Donnern der flüchtenden Herden. Er trat aus dem Walde heraus. Da sah er in einer Staubwolke das Tierheer heranrasen. Und er sah sofort, dass sie alle in kopfloser Panik waren. Da brüllte er so laut, dass die Erde erzitterte. Das Brüllen war so ungeheuer, dass die Tiere davor noch mehr Angst hatten als vor dem Gedanken an den Weltuntergang, an den sie sich fast schon ein wenig gewöhnt hatten. Und so kam die riesige Schar der Flüchtenden atemlos zum Stehen. Der Löwe fragte die Elefanten: »Was flieht ihr?« 
Die Elefanten antworteten: »Die Welt geht unter.« - »Woher wisst ihr das?« - »Die Büffel haben es gesagt.« Da fragte der Löwe die Büffel: »Woher wisst ihr das?« - »Die Tiger haben es gesagt.« Doch die Tiger verwiesen den Löwen an das Nashorn und das Nashorn an die Hirsche und die Hirsche an das Wildschwein und das Wildschwein an die Gazellen und die Gazellen an die großen Hasen, die großen Hasen an die kleinen Hasen - bis schließlich der kleine Hase zitternd vor dem gewaltigen Löwen stand. Der fragte ihn: »Und woher weißt du es?« - Der Kleine antwortete, wie er auf der Flucht schon tausendmal geantwortet hatte: »Hier geht die Welt unter.« Der Löwe fragte ruhig: »Hast du es gesehen?« - »Ja - das heißt - äh -, gesehen eigentlich nicht, aber gehört.« Der Löwe fragte väterlich: »Was hast du denn gehört?« »Einen fürchterlichen Plumps.« »Wo denn?« »Unter dem Dattelbaum, als ich mein Mittagsschläfchen halten wollte.« Da sprach der Löwe zu dem kleinen Hasen: »Woher weißt du denn, dass der Plumps unter dem Dattelbaum ein Weltuntergang war?« Da sagte der kleine Hase: »Ja, das hab' ich mir eben gedacht, weil ich gerade so am Denken war.« Da sprach der Löwe: »Komm, kleiner Hase, spring auf meinen Rücken, kuschle dich in meine Mähne, halte dich gut fest, wir gehen zusammen zu deiner Dattelpalme und sehen nach.« 
Der Kleine, beruhigt durch die sichere Art des majestätischen Tieres, sprang auf, kuschelte sich an die Mähne und hielt sich fest. Da war es weich und warm. Der Löwe sprach zu den anderen Tieren: »Wartet hier ein wenig, ich werde nachsehen.« Die anderen hatten inzwischen schon etwas mehr Luft geholt, und sie sahen: Der Himmel war noch oben, die Erde war noch unten, und weit und breit war nichts zu hören. So wich auch von ihnen schon einiges von der großen Angst, nur eine Ungewissheit blieb noch. 
Der Löwe schnellte in gewaltigen Sätzen davon, und bald war er mit dem kleinen Hasen bei der Dattelpalme angekommen. Das Häschen sprang ab. Da fiel gerade aus der Dattelpalme eine Dattel zur Erde. Der Löwe fragte den Kleinen: »War es so ein Plumps?« - Der Kleine nickte etwas verlegen: »Ja, das kann sein.« Der Löwe fragte: »Wo warst du denn, als es so geplumpst hat?« - Der Kleine zeigte auf die Stelle. Da ging der Löwe hin, der kleine Hase hinter ihm her, und siehe, da lag eine Dattel im Gras. Da sprach der Löwe zu dem kleinen Hasen: »Siehst du, es war eine Dattel und kein Weltuntergang.« Er sagte es ohne Spott und ohne Tadel; denn der Starke versteht, wie leicht der Schwache Angst hat - irgendwann ist er selber auch schon ein Schwacher gewesen, und vielleicht ist er es in manchen Dingen auch heute noch. 
Nun ließ der Löwe den kleinen Hasen wieder aufsitzen, und zurück ging der Ritt zu den Tieren. Der Löwe berichtete, was sie gesehen hatten. Die Tiere atmeten auf und dankten dem Löwen; denn ohne ihn wären sie in ihrer Panik ins Meer gestürzt. Sie beschlossen, künftig nicht einfach kopflos nach dem Hörensagen zu gehen, sondern selber nachzuprüfen.



Gespräch zwischen Zündholz und Kerze

Es kam der Tag, da sagte das Zündholz zur Kerze: "Ich habe den Auftrag, dich anzuzünden." 
"Oh nein", erschrak die Kerze, "Nur das nicht. Wenn ich brenne, sind meine Tage gezählt. Niemand mehr wird meine Schönheit bewundern." 
Das Zündholz fragte: "Aber willst du denn ein Leben lang kalt und hart bleiben, ohne zuvor gelebt zu haben?" - "Aber brennen tut doch weh und zehrt an meinen Kräften", flüstert die Kerze unsicher und voller Angst. 
"Es ist wahr", entgegnete das Zündholz. "Aber das ist doch das Geheimnis unserer Berufung: Wir sind berufen, Licht zu sein. Was ich tun kann, ist wenig. Zünde ich dich nicht an, so verpasse ich den Sinn meines Lebens. Ich bin dafür da, Feuer zu entfachen. 
Du bist eine Kerze. Du sollst für andere leuchten und Wärme schenken. Alles, was du an Schmerz und Leid und Kraft hingibst, wird verwandelt in Licht. Du gehst nicht verloren, wenn du dich verzehrst. Andere werden dein Feuer weiter tragen. Nur wenn du dich versagst, wirst du sterben .. 
Da spitzte die Kerze ihren Docht und sprach voller Erwartung: "Ich bitte dich, zünde mich an 




MIT DER ZEIT

Mit der Zeit lernst Du, 
dass eine Hand halten 
nicht dasselbe ist wie eine Seele fesseln. 
Und dass Liebe nicht Anlehnen bedeutet 
und Begleitung nicht Sicherheit. 
Du lernst allmählich, 
dass Küsse keine Verträge sind 
und Geschenke keine Versprechen. 
Und Du beginnst, 
Deine Niederlagen erhobenen Hauptes 
und offenen Augen hinzunehmen; 
mit der Würde eines Erwachsenen, 
nicht maulend wie ein Kind. 
Und Du lernst, 
all Deine Straßen 
auf dem Heute zu bauen, 
weil das Morgen 
ein zu unsicherer Boden ist. 
Mit der Zeit erkennst Du, 
dass sogar Sonnenschein brennt, 
wenn Du zuviel davon abbekommst. 
Also bestelle Deinen Garten, 
und schmücke selbst Dir 
die Seele mit Blumen, 
statt darauf zu warten, 
dass andere Dir Kränze flechten. 
Und bedenke, 
dass Du wirklich standhalten kannst ... 
und wirklich stark bist. 
Und dass Du Deinen eigenen Wert hast. 
Kelly Priest



Dankbarkeit

Sei dankbar, dass du nicht alles hast was du dir wünschst. 
Was würde sonst noch bleiben um vorwärts zu schauen? 
Sei dankbar, dass du nicht alles weißt, 
weil du dadurch die Gelegenheit bekommst zu lernen. 
Sei dankbar für schwierige Zeiten. 
Während diesen Zeiten kannst du innerlich wachsen. 
Sei dankbar für deine Grenzen, 
weil sie dir die Gelegenheit geben Fortschritte zu machen. 
Sei dankbar für jede neue Herausforderung, 
weil sie deine Stärke und deinen Charakter bilden. 
Sei dankbar für deine Fehler, 
sie erteilen dir wertvolle Lektionen. 
Sei dankbar, wenn du müde und erschöpft bist, 
du bekommst dadurch die Gelegenheit auf deinen Körper zu hören. 
Es ist einfach dankbar zu sein für die guten Seiten. 
Ein reich erfülltes Leben haben aber nur diejenigen, 
welche auch dankbar sind für Rückschläge und Fehler. 
Dankbarkeit kann Negatives in Positives umwandeln. 
Finde deinen Weg um dankbar zu sein für deine Probleme, 
dann werden sie für dich zum Segen.



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